…und weshalb sie eine aussterbende Spezi ist

Es war in den frühen 90ern und ich war ca. 10 Jahre alt. An einem Sonntag Nachmittag sind wir zur Oma gefahren. Diesmal war die ganze Familie versammelt. Oma wollte nach dem Tod ihres Mannes etwas verkünden. Jedes Enkelkind hat DM 500 geerbt.

In meinen kleinen Kopf hat die für die damalige Zeit (in Polen) astronomische Summe nicht gepasst. Es war halt viel Geld – nicht mehr und nicht weniger. Doch dann kam die entscheidende Frage meiner Eltern: „Was willst du mit dem Geld machen? Sollen wir es auf die Bank bringen?“.

Was ich damals geantwortet habe, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls ist der 10-jährige ins Risiko gegangen und hat sich damals entgegen aller Ratschläge voller Freude entschieden: Ich gründete eine eigene Bank unterm Bett und habe dort die Unsumme im Lederportmonai jahrelang aufbewahrt.

Was ist Entscheidungsfreude?

Was hat dieses Erlebnis mit Entscheidungsfreude zu tun? Es ist meine erste Erinnerung an eine bewusste Entscheidung, die ich mit Freude, viel Mut, gewissem Risiko und vollkommend selbständig getroffen habe.

Unter Entscheidungsfreude verstehe ich zum einen die Vorfreude auf eine Ent-scheidung (das will ich und das will ich nicht). Diese Vorfreude ist eine Emotion die proaktiv Entscheidungen begleitet, d.h. das Übernehmen von Verantwortung zum Genuss und nicht zur Last wandelt. Zum anderen kommt erst nach der Entscheidung die bekannte Freude über eine Entscheidung zum Tragen. Elementar aus meiner Sicht ist jedoch die Vorfreude. Beispiele?

Entscheidungsfreude in der Praxis

In der Realität sieht es jedoch nicht mehr so einfach aus. Es ist kein Geheimnis, dass die Mehrheit der Menschen zunehmend Entscheidungen (mehr zum Thema Entscheidungen treffen: http://www.failandgetup.com/kein-entscheidung-ist-auch-eine-entscheidung-marekgross-lebenskunst/) und die damit verbundene Verantwortung an Eltern, Lehrer, Freunde, Online-Communities, Versicherungsmakler, Berater, Apps, Push-Nachrichten auf dem Smartphone abgibt. Das ist auch nicht weiter schlimm, so lange man damit glücklich ist.

Eins fällt dabei stark ins Auge: Unsere Entscheidungen werden zunehmend von positiven Emotionen entkoppelt und basieren immer mehr auf rein rationalen Grundlagen, wie Scorings, Bewertungen, Empfehlungen über Push-Nachrichten und Apps.

Die Ursachen dieser Tendenz sind aus meiner Sicht die zunehmende Komplexität des modernen Lebens durch zunehmende Technologisierung und die damit verbundenen Gefühle der Verunsicherung, Furcht oder Angst.

Kurz: Wir lassen uns – bewusst oder unbewusst – immer mehr steuern und verlieren somit zunehmend die Fähigkeit des autarken Lebens. Die alltägliche Entscheidungsfreude stirbt vor unseren Augen wie der Sumatra-Elefant, der Orang-Utan oder die Schnabelbrust-Schildkröte aus.

Entscheidungsfreude ist Übungssache

Dabei ist es gar nicht so schwer, mit mehr Entscheidungsfreude im Alltag zu agieren. Es reicht die einfache Frage: Wie gerne treffe ich Entscheidungen und wieso mache ich das so und nicht anders? Oder: Welche Emotionen begleiten mich, wenn ich alltägliche oder wichtige Entscheidungen treffe? Wie gehe ich mit diesen Emotionen um und wen lasse ich an diese Emotionen ran?

Am Ende des Tages trägt jeder selbst die Auswirkungen seiner Entscheidungen. Schon aus diesem einfachen Grund lohnt es sich, an der eigenen emotionalen Ausprägung der Entscheidungsfreude zu arbeiten.

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Dieser Blogbeitrag enthält die subjektive Sichtweise und Meinung von Marek Gross