… und wieso keiner so denkt

Daran erinnere ich mich noch richtig gut: Es war nach der Schule und die ersten Hausaufgaben waren an der viereckigen Fernbedienung zu machen. Da lief eine TV-Serie, die hieß „Der Vierzigjährige“ („Czterdziestolatek“). Der Titel und die Eingangsmusik waren für einen Teenager derart abschreckend, dass das Umzappen einfach Pflicht war. Die erste Assoziation: Das ist eine Sendung für alte Leute, wer schaut sich so etwas an?

Damals. als junger Fernsehjunkie, wollte ich den Augenblick leben und im TV-Programm stundenlang aufgehen – Hausaufgaben hin oder her. Stopp! Und genau darin ist ein kleines Korn Lebensweisheit enthalten: Wir leben die meiste Zeit im Hier-und-Jetzt. Selten, sehr selten verlassen wir diese Perspektive und wenn schon, dann um das Hier-und-Jetzt zu rechtfertigen.

Wieso das Leben so kurz ist?

Seneca, der römische Philosoph, hat es in „Über die Kürze des Lebens“ sehr prägnant dargestellt: Die meiste Lebenszeit wird (anderen Menschen) VErschenkt. Hier liegt also die Quelle aller Kürze: Wir sind Meister, hochprofessionelle Verschenker der Zeit. Dies lernen wir als Kleinkinder von unseren berufstätigen Eltern und als Kinder von unseren Lehrern. Später, im sogenannten Berufsleben, kriegt man vom Chef dafür Geld und selbst als Rentner wollen wir noch anderen etwas Zeit für Geld schenken nur…

Und plötzlich wird es kurz, das GANZE Leben, oder was aus den Möglichkeiten in unseren Knochen, Muskeln und schwammigen Gehirnen im Alter übrig bleibt. Es reicht ins liebevolle Gesicht der eigenen 80-jährigen Oma zu schauen und kurz zuhören, um zu erkennen, wie sich ihre Lebenseinstellung, ihre Empfindungen, Emotionen und Sichtweise in den vergangenen 4-5 Jahren positiv entwickelt haben (vorausgesetzt deine Oma erfreut sich der Gesundheit). Ist es unverschämt zu behaupten, dass wir in den letzten Monaten oder Augenblicken vor dem Tod, den größten – vielleicht einzigen – Sprung in der persönlichen Entwicklung machen?

Wieso langes Leben nicht erstrebenswert ist

Es braucht nicht viel Empathie, um zu sehen und fühlen, dass es Wichtigeres gibt, als ein langes (verschenktes) Leben. Denn darauf kommmt es an: Mach den größten Mißt, vergeude deine Zeit, verprasse dein ganzes Geld oder spare dich kaputt, lebe cool oder stinknormal nur sei davon verantwortungsvoll überzeugt, was du jetzt tust. Sei davon so überzeugt, als ob du es auch in deiner letzten Stunde, auf dem Sterbebett gerne machst. Denn nichts macht mehr Spaß als Erlebnisse und ein Leben, an die/das man sich auch gerne nach vielen Jahren erinnert.

Das überzeugt dich nicht? Da fehlt noch etwas? Dann schreib ein Kommentar 🙂

Dieser Blogbeitrag enthält die subjektive Sichtweise und Meinung von Marek Gross