Über „Vielleicht“ und die alltäglichen Befürchtungen wenns ums Entscheiden geht

Um direkt Druck aus dem Thema zu nehmen, eine einfache Frage vorweg: Welche deiner Entscheidungen in den letzten 5 Jahren hatte langfristige (negative) Auswirkungen – also mind. 3-6 Monate – auf dein Leben oder das deiner Nächsten? Bei mir ist es keine gewesen. Und davor gab es auch nur äußerst selten solche Entscheidungen.

Das bedeutet nicht, dass ich immer richtig entschieden habe. Die Frage soll dir vor Augen führen, dass das tägliche und alltägliche Entscheiden weder weh tut, noch schwer ist oder mit Streß verbunden sein muss. Es wird für dich sehr einfach sein, fast jede Entscheidung zu treffen, wenn du die Frage oben (als Verifizierungsmechanismus) und bei Zweifeln miteinbeziehst. Wenn du noch abwegst, ob es positive oder negative Auswirkungen für dich und die Beteiligten hat, kann nicht mehr viel schief laufen – außer du lässt andere für dich entscheiden.

Andere Menschen, andere Prioritäten … und andere Entscheidungen

Genau hier fangen die Probleme an. Wenn ich für mich entscheiden soll, dann geht es meistens schnell und einfach. „Was esse ich heute zum Frühstück?“, „Was ziehe ich in der Freizeit an?“, „Was ist nach der Arbeit zu erledigen?“. Wenn jedoch meine Freunde, Familie, Arbeitskollegen etc. ins Spiel kommen, dann bin ich nicht mehr so entscheidungsfroh und eher abwartend. Kommt dir das bekannt vor?

Das ist nicht weiter schlimm, denn mir geht es genau so. Unangenehm wird’s erst, wenn ich nicht „Nein“ sagen will. Wenn die kleinen und großen Gruppenzwänge ins Spiel kommen, dann entscheiden wir uns oft gegen uns selbst und haben somit ein schlechtes Gefühl beriets vor und auch nach der Entscheidung. Wieso das?

Weil wir Herdentiere sind, die negative Konsequenzen in Form eines Ausschlußes aus der Gruppe befürchten (mehr zum Thema Angst und Befürchtungen: http://www.failandgetup.com/2019/01/13/am-anfang-war-die-angst/) und deshalb lieber „Ja“ sagen, als unsere Zugehörigkeit zur Gruppe aufs Spiel zu setzen. Am Ende des Tages wird es dann als Kompromiß gedeutet oder als eine Erfahrung fürs Leben verbucht. Daher ist eine elementare Frage essentiel wichtig: Welches Verhältnis habe ich zum „Nein-Sagen“? Wie gehe ich damit um und fühle ich mich dabei?

Das „Nein“ als „Ja“ zu etwas Anderem – und bloß kein „Vielleicht“

Es hat sich in der modernen Welt ein Unwort eingebürgert, das fatale Auswirkungen vor allem für uns selbst hat: „Vielleicht“. „Vielleicht“ nehme ich an dem Termin teil, „Vielleicht“ gehe ich heute noch zum Sport, „Vielleicht“ rufe ich Abends eine Freundin an. Je jünger der Tag, umso mehr „Vielleichts“ planen wir ein. Und dann kommt der Abend und der Quarzsand in der Sanduhr fängt plötzlich ganz schnel zu rinnen, wir klappen im Bett zusammen und wachen am nächsten Morgen mit schelchtem Gewissen und einigen neuen „Vielleichts“ auf…

Dieses „Vielleicht“ ist nichts anderes als ein „Nein“, eine Ausrede, die jetzt mein Gewissen und das Verhältnis zu mir oder zum Mitmenschen nicht außer Gleichgewicht, nicht ins Negative bringen soll. In Wirklichkeit bedeutet es nämlich so viel wie: „Ich bin mir da noch nicht ganz sicher, ob ich es mache. Das will ich eher nicht.“ Schlimm beim „Vielleicht“ ist, dass es wie ein Bumerang, wie ein Schluckauf des Gewissens die erneute Entscheidungssituation hervorruft. Heißt: Die Entscheidung muss ich später erneut fällen… bzw. hoffentlich fragt keiner nach. Wie also das „Nein“-Sagen positiv deuten?

„Jede Entscheidung ist ein Massenmord an Möglichkeiten“, sagt der Volksmund. Bedeutet: Aus dem Unkonkreten wird Konkretes. Auch das „Nein-Sagen“ muss erst gelernt werden. Wann hast du es gelernt? Wie leicht oder schwer fällt es dir „Nein“ zu sagen?

Ich kann mich sehr gut erinnern wie ich mit 7 oder 8 Jahren zum ersten Mal bewusst und trotzig – und zur Empörung meiner Eltern – „Nein“ gesagt habe. Da kam der Reiche Onkel und wollte mich mit einem 5 Mark-Schein für das Rupfen eines frisch geschlachteten Huhns belohnen. Es waren ca. 30 Minuten Arbeit und viel Geld Anfang der 90er. „Nein, mach ich nicht“, schallte es gefühlt unendlich lang durch den Hof. Es war mein erstes „Ja“ zur Freiheit, „Ja“ zum eigenen Selbstbewusstsein, wohl der erste Spatenstich für ein eigenes bewusstes Wertesystem.

Wenn Worte im Leben Gewürze wären, dann ist ein „Nein“ das Salz und Pfeffer eines jeden Tages(gerichts).

Siehst Du das anders oder hast eine Frage? Dann freue ich mich über Dein Kommentar unten.

Dieser Blogbeitrag enthält die subjektive Sichtweise und Meinung von Marek Gross