… oder wie der Körper zwischen Appetit und Hunger balanciert
Es ist April und man kann gut Vögel beobachten: wie sie Nester bauen, brüten und ihren Nachwuchs füttern. Ein spektakuläres Schauspiel dieser unstillbare Hunger der Jungen und die daraus resultierende Hektik ihrer Eltern.
So ähnlich spielte sich das damals ab, als ich 14 oder 15 war und der Kühlschrank mein bester Freund wurde. Da hatte ich um 7:30 Uhr einen halben Liter Milch mit Müsli verschlungen und dann noch unzählige Brote draufgepackt. Zwei Stunden später war das Pausenbrot aufgegessen und um 14 Uhr und, und, und… Meine Mutter war gefühlt nur mit Krisenmanagement (Hungerstillen) beschäftigt.
Was ist Appetit und was ist Hunger?
Heute, mit 37, braucht es nicht mehr den prallgefüllten Kühlschrank und auch nicht die Mutter zum befüllen von diesem. Der Appetit ist ein anderer geworden und um Hunger muss ich mich regelrecht bemühen. Mein Körper le(i)bt nicht mehr so exzessiv wie in der Pubertät. Was ist der Unterschied zwischen Appetit und Hunger?
Wenn ich über Hunger schreibe, dann heißt es in erster Linie und ganz einfach gesagt, dass der Körper sofort etwas von mir will (z.B. Essen oder Trinken). Eine Stufe vor diesem leicht lästigen bis sehr schmerzhaftem (das Hungern) Verlangen gibt es bereits erste Vorboten des Hungers in Form von Appetit. Was heißt Appetit?
Sehr einfach gesagt, läßt der Körper mit Appetit die Gedanken ums Essen kreisen und bereitet sich so auf dieses vor (z.B. in Form der Aktivierung von Speicheldrüßen). Appetit ist somit kein rein psychisches Ereignis, wie der Hunger kein rein körperliches Phänomen ist (also wie immer Vorsicht vor Wikipedia-Einträgen 🙂 ). Bildhaft: Appetit ist der kleine Bruder von Hunger.
Wieso wir Hunger nicht mehr kennen
Wir leben in einer Wohlstandsgesellschaft, wo der Hunger mit einem industriellen Überangebot an Essensmöglichkeiten marginalisiert wurde. Dies hat einen Triumphzug des Appetits zur Folge. Heißt, dass wir nicht mehr zwischen Appetit und Hunger unterscheiden, bzw. die beiden Phänomene oft verwechseln. Beispiel: Schau kurz auf das Beitragsbild. Spürst du jetzt Hunger oder gehts auch ohne und du hast „nur“ Appetit?
Das permanente Kitzeln unseres Körpers – ein bisschen wie die Hexe in Hänsel und Grätel – ist zugleich ein industrieller Kampf um die stete Verschiebung unserer körperlichen Grenzen und Bedürfnisse. Das Ergebnis können u.a. zwei extreme Gefühle und ihre Folgen sein: Ekel in Form von Essstörungen oder anhaltende Lust/Verlangen in Form von Fettleibigkeit. Wozu das ganze Philosophieren?
Was ist der kleine Hunger
Abseits aller rationalen Debatten zur gesunden Ernährung will ich auf einen körperlichen Zustand sensibilisieren: Den kleinen Hunger. Zwischen Appetit und Hunger gibt es ein bemerkbares Verlangen unseres Körpers nach Essen. Der Körper balanciert zwischen Appetit und Hunger. Damit wirds langsam Zeit, sich nicht nur Gedanken zu machen, sondern auch zu handeln.
Falls dies kompliziert klingt, frag dich einfach, ob du s.g. feste Essenszeiten hast (und ob diese an den Hunger angelehnt sind) und wieso es diese gibt oder wieso nicht? Schreib ein Kommentar.